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Rechtsprechung

Editorial //

Betriebsstätte kein (DBA-)Arbeitgeber

Zugegeben, einfach zu lesen ist das BFH-Urteil VI R 25/22 vom 12.12.2024 mit seinen zahlreichen Verweisen auf DBA-Normen, Literatur und Rechtsprechung nicht. Gerade deswegen sowie aufgrund seiner dezidierten Auseinandersetzung mit der Frage nach möglicher Arbeitgebereigenschaft einer Betriebsstätte im Abkommensrecht ist es jedoch eine wahre „Fundgrube“ zum Verständnis der steuerlichen Systematik bei grenzüberschreitender Arbeitnehmertätigkeit. Es ging um den Fall einer in Deutschland ansässigen SE mit zahlreichen Zweigniederlassungen im Ausland. Die bei diesen tätigen und auch im jeweiligen Beschäftigungsstaat wohnhaften Mitarbeiter sind zivilrechtlich bei der SE angestellt. In unregelmäßigen Abständen kommen sie für kurzfristige Dienstreisen ins Inland. Die Reisen liegen im Interesse der jeweiligen Auslandsniederlassung, welche neben der kompletten Tätigkeitsvergütung zudem die Reisekosten trägt. Die mit der Arbeitnehmertätigkeit verbundenen gesamten Kosten erfasst die jeweilige Niederlassung in ihrer Buchführung; das Stammhaus erstattet sie nicht. Die Gesellschaft wollte mit ihrer Klage erreichen, auf die Vergütungsanteile für Inlandsreisen der bei ausländischen Betriebsstätten in DBA-Vertragsstaaten beschäftigten Arbeitnehmer keine Lohnsteuer einbehalten und abführen zu müssen.

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Abo Verfahrensrecht //

Kein Billigkeitserlass von Nachzahlungszinsen zur ESt auf Einkünfte eines Erben wegen langjähriger Dauer eines Erbscheinverfahrens (BFH)

Die Freistellung von der Zahlung der Steuer rechtfertigt im Hinblick auf den hierdurch typisierend anzunehmenden Liquiditäts- und Zinsvorteil hinsichtlich der Steuerschuld die Festsetzung von Nachzahlungszinsen. Auf die fehlende Nutzungsmöglichkeit der Nachlassgegenstände durch den Steuerpflichtigen während des Erbscheinverfahrens kommt es nicht an (BFH, Urteil v. 9.4.2025 - X R 12/21; veröffentlicht am 26.6.2025).

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Körperschaft-/Gewerbesteuer //

Verlustabzugsverbot nach § 8c Abs. 1 KStG bei unterjährigem schädlichem Anteilseignerwechsel bei einem Organträger (FG)

Bei einem der Verlustabzugsbeschränkung des § 8c KStG unterliegenden unterjährigen schädlichen Erwerb der Anteile am Organträger ist der anteilige Verlust einer Organgesellschaft bis zum schädlichen Erwerb im Wege einer vertikalen Ergebnissaldierung im Organkreis vom Gesamtbetrag der Einkünfte des Organträgers abzuziehen (entgegen BMF-Schreiben v. 28.11.2017, BStBl I 2017, S. 1645, Rz. 37: FG Düsseldorf, Urteil v. 9.12.2024 - 6 K 1772/20 K,G,F; Revision anhängig, BFH-Az. I R 11/25).

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Abo Einkommensteuer //

Betriebsausgabenabzug von Ausgleichszahlungen im Rahmen eines Zinsswaps (BFH)

Ausgleichszahlungen im Rahmen eines Zinsswaps können als Betriebsausgaben abzugsfähig sein, soweit mit diesem ein betriebliches Zinsänderungsrisiko abgesichert werden soll. Dies setzt voraus, dass das betriebliche Darlehen und das zinssichernde Swap-Geschäft inhaltlich hinreichend eng miteinander verknüpft sind. Zudem ist das Swap-Geschäft von vornherein als betriebliches Geschäft zu behandeln. Der Steuerpflichtige muss daher die Ausgleichszahlungen in der laufenden Buchhaltung als betrieblichen Aufwand abbilden (BFH, Urteil v. 10.4.2025 - VI R 11/22; veröffentlicht am 20.6.2025).

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Berufsrecht //

Rechtsanwalt nicht zur Nutzung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs verpflichtet, wenn dies für ihn unzumutbar ist (FG)

Das FG Berlin-Brandenburg hat entschieden, dass jedenfalls dann keine Pflicht zur Übermittlung der Klageschrift als elektronisches Dokument nach § 52d Satz 1 FGO besteht, wenn ein Rechtsanwalt beim FG eine Klage in eigener Sache erhebt, in der Klageschrift seinen beruflichen Status nicht offenlegt und die Nutzung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) für ihn unzumutbar ist (FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 10.6.2025 - 3 K 3005/23; Revision nicht zugelassen).

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Arbeitsrecht //

Befristetes Arbeitsverhältnis eines Betriebsratsmitglieds - Benachteiligungsverbot (BAG)

Ein nach Maßgabe des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) zulässig befristetes Arbeitsverhältnis endet auch dann mit Ablauf der vereinbarten Befristung, wenn der Arbeitnehmer zwischenzeitlich in den Betriebsrat gewählt worden ist. Benachteiligt der Arbeitgeber allerdings das befristet beschäftigte Betriebsratsmitglied, indem er diesem wegen des Betriebsratsmandats keinen Folgevertrag anbietet, hat das Betriebsratsmitglied einen Anspruch auf den Abschluss des verweigerten Folgevertrags als Schadensersatz (BAG, Urteil v. 18.6.2025 – 7 AZR 50/24).

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Abo Verfahrensrecht //

Überlange Dauer eines Kostenfestsetzungs- und Erinnerungsverfahrens (BFH)

Bei einem finanzgerichtlichen Kostenfestsetzungsverfahren und dem sich gegebenenfalls anschließenden Erinnerungsverfahren handelt es sich um ein (einheitliches) Gerichtsverfahren im Sinne des § 198 Abs. 1, Abs. 6 Nr. 1 Halbsatz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG). Das schließt eine Begrenzung des Klagebegehrens auf einen bestimmten Verfahrensabschnitt nicht aus (BFH, Urteil v. 6.11.2024 - X K 7/22; veröffentlicht am 20.6.2025).

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Abo Verfahrensrecht //

Leistung eines Dritten auf eine fremde Steuerschuld; Anfechtung einer Tilgungsbestimmung wegen Drohung (BFH)

Hat ein Dritter, der auf eine fremde Steuerschuld geleistet hat, seine Tilgungsbestimmung wegen einer Drohung nach § 123 Abs. 1 Alternative 2 BGB wirksam angefochten, ist die Tilgungsbestimmung gemäß § 142 BGB als von Anfang an nichtig anzusehen. Dem Dritten kann in diesem Fall ein Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 Satz 1 und 2 AO zustehen (BFH, Urteil v. 19.3.2025 - X R 20/23; veröffentlicht am 20.6.2025).

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Investmentsteuergesetz //

Mithilfe einer Pool-Finanzierung angeschaffte Investmentanteile; Abzug von Zinsaufwendungen bei nur mittelbarem Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen (BFH)

Ein für die Anwendung des Abzugsverbots des § 3c Abs. 1 EStG nicht ausreichender nur mittelbarer Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen besteht, wenn Ausgaben auch und nicht aufteilbar im Zusammenhang mit nicht steuerbaren Einnahmen stehen (BFH, Beschluss v. 13.12.2023 - XI R 39/20; veröffentlicht am 20.6.2025).

Abo Einkommensteuer //

Noch kein Werbungskostenabzug für Hausgeldzahlungen in die Erhaltungsrücklage

Der BFH hat in einem aktuellen Urteil bestätigt, dass auch die volle Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft keinen Anlass dazu gibt, bereits bei Zuführung von Hausgeldzahlungen eines Wohnungseigentümers zur Erhaltungsrücklage einen Werbungskostenabzug zuzulassen. Die Entscheidung ist für jeden Vermieter, der Einzahlungen in die Erhaltungsrücklage tätigt, wesentlich.

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Lohnsteuerhaftung //

Keine Verpflichtung des Betriebsstätten-Finanzamts zur sog. Schattenveranlagung bei fehlerhafter Einbehaltung der Lohnsteuer für beschränkt Steuerpflichtige (FG)

Der Haftungstatbestand knüpft mit dem Entstehen der Einkommensteuer mit Ablauf des Kalenderjahres (§ 36 Abs. 1 EStG) weiterhin an den Lohnsteueranspruch und nicht an den bereits entstandenen Einkommensteueranspruch an. Damit bleibt die vorläufig entstandene Lohnsteuerschuld des Arbeitnehmers Grundlage der Haftung und nicht dessen Einkommensteuerschuld (Niedersächsisches FG, Urteil v. 16.4.2025 - 9 K 155/22; Revision anhängig, BFH-Az. VI R 8/25).

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